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Die vorläufig zu zahlende Lohnsteuer ist eine Vorauszahlung an den Staat ohne Verzinsung, die während des Jahres einbehalten wird (vom Lohnzettel) und basiert auf den geschätzten Einkünften sowie den geltenden Steuersätzen. Erst mit der Abgabe Ihrer Steuererklärung, die in der Regel im neuen Jahr erfolgt, kann es sein, dass sich das tatsächliche zu versteuernde Einkommen ändert und Sie entweder nachzahlen müssen oder eine Rückerstattung erhalten. Je mehr Freibeträge und Abzüge (z.B. Werbungskosten, Sonderausgaben) Sie geltend machen können, desto weniger Steuern müssen Sie zahlen. Die endgültige Steuerlast und damit die prozentuale Belastung auf Ihr Jahreseinkommen wird erst mit der Abgabe der Steuererklärung ermittelt.

Unterschied Durchschnittssteuersatz, Grenzsteuersatz, Spitzensteuersatz?

progressives Steuersystem
In Deutschland gilt ein progressives Steuersystem, was bedeutet, dass höhere Einkommen mit höheren Steuersätzen besteuert werden, aber nicht jeder Teil des Einkommens unterliegt dem höchsten Steuersatz.

Spitzensteuersatz
Der im Jahr 2014 geltende Spitzensteuersatz beträgt 42 Prozent und gilt für Einkommen von 52.882 bis 250.730 Euro. Die sogenannte Reichensteuer wird im Jahr 2014 in Höhe von 45 Prozent auf Einkommen ab 250.800 Euro angewandt.

Durchschnittssteuersatz vs. Grenzsteuersatz (Steuersatz)
Beachten Sie jedoch, dass der Durchschnittssteuersatz der effektive Steuersatz ist, den eine Person auf ihr gesamtes Einkommen zahlt. Und der Grenzsteuersatz gibt an, wieviel zusätzliche Steuerbelastung entsteht, wenn das zu versteuernde Einkommen erhöht.

Zusammenfassung fürs Jahr 2014, §32a (1) EStG

  • Bis zu 52.152 Euro gilt ein niedrigerer Steuersatz
    (der Grundfreibetrag und die niedrigeren Steuersätze)
  • Von 52.152 bis 250.800 Euro gilt der Grenzsteuersatz von 42 %
  • Ab 250.800 Euro gilt der Grenzsteuersatz von 45 %

Unsere Kritik zu dieser Steuer-Theorie finden Sie hier:

Beispiel Rechnung Einkommensteuertarif
nach 32a EStG

Der §32a (1) EStG 1 regelt die Einkommensteuertarife und damit auch die Grenzsteuersätze (d.h. die Steuersätze auf das letzte verdiente Einkommen). Anhand dieser Vorschrift kann die vorläufig zu zahlende Einkommensteuer (eine Schätzung) für ein bestimmtes zu versteuerndes Einkommen berechnet werden. Diese Schätzung kann sich ändern, wenn die Steuererklärung eingereicht wird und alle relevanten Abzüge und Freibeträge berücksichtigt werden.

1. Beispiel – keine Steuerlast

a) Im Jahr 2009: Grundfreibetrag = 7.665 Euro
b) Im Jahr 2014: Grundfreibetrag = 8.354 Euro

2. Beispiel
zu versteuerndes Einkommen = 12.000 Euro
3. Beispiel
zu versteuerndes Einkommen = 45.000 Euro
a) Rechnung 2009 (von 7.665 bis 12.739 €)
= (883,74 • 0,4336 + 1.500) • 0,4336 = 816 Euro vorläufige zu zahlende Einkommensteuer
b) Rechnung 2014 (von 8.355 bis 13.469 €)
= (974,58 • 0,3646 + 1.400) • 0,3646 = 639 Euro vorläufige zu zahlende Einkommensteuer
a) Rechnung 2009 (von 12.740 bis 52.151 €)
= (228,74 • 3,2261 + 2.397) • 3,2261 + 989 = 11.102 Euro vorläufige zu zahlende Einkommensteuer
b) Rechnung 2014 (von 13.470 bis 52.881 €)
= (228,74 • 3,1531 + 2.397) • 3,1531 + 971 = 10.803 Euro vorläufige zu zahlende Einkommensteuer
Der vorläufige Durchschnittssteuersatz für 2014 beträgt bei einem zu versteuernden Einkommen von 12.000 Euro = 5,33 Prozent bzw. 639 Euro Der vorläufige Durchschnittssteuersatz für 2014 beträgt bei einem zu versteuernden Einkommen von 45.000 = 24,01 Prozent bzw. 10.803 Euro
4. Beispiel
zu versteuerndes Einkommen = 58.000 Euro
5. Beispiel
zu versteuerndes Einkommen = 250.800 Euro
a) Rechnung 2009 (von 52.152 bis 250.000 €)
= 0,42 • 58.000 – 7.914 = 16.446 Euro vorläufige zu zahlende Einkommensteuer
b) Rechnung 2014 (von 52.882 bis 250.730 €)
= 0,42 • 58.000 – 8.239 = 16.121 Euro vorläufige zu zahlende Einkommensteuer
a) Rechnung 2009 (von 250,001 €) = 0,45 • 250.800 – 15.414 = 97.446 Euro vorläufige zu zahlende Einkommensteuer
b) Rechnung 2014 (von 250.731 €) = 0,45 • 250.800 – 15.761 = 97.099 Euro vorläufige zu zahlende Einkommensteuer
Der vorläufige Durchschnittssteuersatz für 2014 beträgt bei einem zu versteuernden Einkommen von 58.000 Euro keine 42 Prozent, sondern = 27,79 Prozent bzw. 16.121 Euro Der vorläufige Durchschnittssteuersatz für 2014 beträgt bei einem zu versteuernden Einkommen von 250.800 Euro keine 45 Prozent, sondern = 38,71 Prozent bzw. 97.099 Euro

Berechnung der Verhältnisse
Steuerlasten und Einkommen

Um die Auswirkungen des progressiven Steuersystems besser zu verstehen, setzen wir die Beispiele aus dem Jahr 2014 ins Verhältnis.

Steuerlast Beispiel 3: Steuerlast Beispiel 4: Steuerlast Beispiel 5:
Zu versteuerndes Einkommen: 45.000 Euro
Steuerbetrag: 10.803 Euro
Zu versteuerndes Einkommen: 58.000 Euro
Steuerbetrag: 16.121 Euro
Zu versteuerndes Einkommen: 250.800 Euro
Steuerbetrag: 97.099 Euro
Beispiel 3 und Beispiel 5 Beispiel 4 und Beispiel 5
Verhältnis der Steuerlasten ≈ 8,99
[ 97.099 / 10.803 ]
Verhältnis der Steuerlasten ≈ 6,03
[ 97.099 / 16.121 ]
Verhältnis der Einkommen ≈ 5,58
[ 250.800 / 45.000 ]
Verhältnis der Einkommen ≈ 4,32
[ 250.800 / 58.000 ]
Obwohl das zu versteuernde Einkommen in Beispiel 5 höher ist (ca. das 5,58-fache), ist die vorläufige Steuerlast in diesem Fall fast neunmal so hoch (ca. das 8,99-fache). Obwohl das zu versteuernde Einkommen in Beispiel 5 höher ist (ca. das 4,32-fache), ist die vorläufige Steuerlast in diesem Fall mehr als sechsmal so hoch (ca. das 6,03-fache).

Ein anderes Beispiel
Berechnung der Verhältnisse Steuerlasten und Einkommen von Beispiel 4, 5 und neues Beispiel 6:

6. Beispiel
zu versteuerndes Einkommen = 120.000 Euro
b) Rechnung 2014 (von 52.882 bis 250.730 €)
= 0,42 • 120.000 – 8.239 = 42.161 Euro vorläufige zu zahlende Einkommensteuer
Der vorläufige Durchschnittssteuersatz für 2014 beträgt bei einem zu versteuernden Einkommen von 120.000 Euro keine 42 Prozent, sondern = 35,13 Prozent bzw. 42.161 Euro
Beispiel 4 und Beispiel 6 Beispiel 5 und Beispiel 6
Verhältnis der Steuerlasten ≈ 2,61
[ 42.161 / 16.121 ]
Verhältnis der Einkommen ≈ 2,07
[ 120.000 / 58.000 ]
Verhältnis der Steuerlasten ≈ 2,30
[ 97.099 / 42.161 ]
Verhältnis der Einkommen ≈ 2,08
[ 250.000 / 120.000 ]
Obwohl das zu versteuernde Einkommen in Beispiel 6 höher ist (ca. das 2,07 -fache), ist die vorläufige Steuerlast in diesem Fall auch höher (ca. das 2,61 -fache). Obwohl das zu versteuernde Einkommen in Beispiel 6 höher ist (ca. das 2,08 -fache), ist die vorläufige Steuerlast in diesem Fall minimal höher (ca. das 2,30 -fache).

Trotz dieser steuerlichen Hintergründe, fühlen sich viele Personen in Deutschland bei der Steuerberechnung getäuscht. Denn eigentlich erfährt man mit der Vorauszahlung der Lohnsteuer (Lohnzettel) nicht die Wahrheit über die prozentuale Belastung (vorläufiger Steuersatz). Erst mit der Abgabe der Steuererklärung erfährt man die volle Wahrheit über die Steuerlast und es kann daher passieren, dass man nach Abgabe der Steuererklärung doch den Grenzsteuersatz erreicht. Der vorläufige Steuersatz und die Durchschnittssteuersätze sind irreführend und intransparent, da das Steuersystem komplex gehalten wird, mit vielen Regelungen, Ausnahmen und Abzügen. Zum Beispiel haben Personen, die über mehr Wissen oder Zugang zu professioneller Steuerberatung verfügen, einen Vorteil. Abgesehen von der allgemeinen Frage der sozialen Gerechtigkeit: Wenn wohlhabendere Personen besser in der Lage sind, von steuerlichen Vorteilen zu profitieren (z.B. durch Investitionen oder spezielle Abzüge), während einkommensschwächere Personen weniger Möglichkeiten haben.

Vergleich: vorläufige zahlende Lohnsteuer (Lohnzettel) und Abgabe der Steuererklärung
Vergleichen wir dazu einen Kostenvoranschlag einer Autowerkstatt. Eine Autowerkstatt gibt einen Kostenvoranschlag für eine Reparatur ab, der deutlich niedriger ist als die tatsächlichen Kosten, die nach der Reparatur anfallen. Wenn die Werkstatt nicht transparent über mögliche Zusatzkosten informiert, könnte dies als irreführende Werbung (§ 5 UWG) und damit als unlauterer Wettbewerb angesehen werden. Bei manchen Personen kann es nach der Abgabe der Steuererklärung zu unerwarteten finanziellen Belastungen kommen, da sie möglicherweise in einen höheren Grenzsteuersatz fallen, als sie aufgrund der Vorauszahlungen der Lohnsteuer erwartet haben. Zudem ist es auch möglich, dass bei bestimmten Einkommensstufen und unter möglichen Berücksichtigung von Abzügen oder Freibeträgen eine Person mit niedrigerem Einkommen – dennoch einen höheren Durchschnittssteuersatz hat, als jemand mit höherem Einkommen. Gleichzeitig ist das Steuersystem insofern intransparent, als dass Rückerstattungen der Finanzämter an Sie „zinlos“ erfolgen, obwohl Sie mit Ihrem Lohnzettel in Vorleistung getreten sind. Erfolgt hingegen eine Steuernachzahlung an das Finanzamt i.d.R. bis zum 10. Tag nach Bekanntgabe des Steuerbescheids, gemäß §220 (1) AO nicht fristgerecht, können Verzugszinsen von 0,5 % pro Monat anfallen (§ 238 AO) / Stand 2014.

1 https://www.gesetze-im-internet.de/estg/__32a.html Fotograf: Venom, Titel: Wohnung gesucht?, URL: http://piqs.de/fotos/75040.html, Some rights reserved. CC-Lizenz (BY 2.0)