Wer sich jemals außerhalb von Deutschland auf eine Stelle beworben hat, wird festgestellt haben, dass zum Beispiel das Land Österreich seit dem 01.März 2011 gesetzlich verpflichtet ist, den Mindestlohn beziehungsweise das Mindestgehalt bei Stellenangeboten anzugeben. In allen österreichischen Stelleninseraten kann zum Beispiel folgendes gelesen werden: 1
Ein Brutto-Jahresgehalt von EUR 30.000,00 fix plus eine Überzahlung gemäß Ihrer Ausbildung und Berufserfahrung.
Somit sind Bewerber vorab über das Gehalt informiert und brauchen sich auf die bisweilen tollen Schlagwörter in Stellenanzeigen nicht direkt zu verlassen, wie beispielsweise: leistungsgerechte Entlohnung, attraktive Sozialleistungen, Weiterbildungsmöglichkeiten und anderen Benefits (Nebenleistungen, sonstige Vergünstigungen, andere Lohnausgleich-Vergünstigungen ..). Durch die Angabe von Gehältern in Stellenanzeigen lässt sich schnell erkennen, welche Unternehmen bereit sind, eine angemessene oder sogar überdurchschnittliche Bezahlung zu bieten.
Doch was ist nun mit dem sogenannten Jobwunder-Land Deutschland? Die deutsche Erziehung verbietet einer Person zwar über Geld zu sprechen, doch ist das der wirkliche Grund, warum Deutschland in Sachen Personalpolitik sehr spät oder überhaupt nicht die wirklich wichtigen Bedürfnisse aus Sicht der Bewerber nachkommt?
Welche Informationen
vermissen Bewerber in Stellenanzeigen?
Diese Stichprobe der Umfrage aus dem Jahr 2012 zeigt, was Bewerber bei Stellenanzeigen vermissen. An erster und zweiter Stelle haben Bewerber das Bedürfnis Informationen über Lohn (Geld und Sozialleistungen) und Karriereperspektiven zu erhalten. Aus Sicht der Personalanwerbung und der Bewerber eigentlich eine selbstverständliche Forderung.
Die wichtigsten Punkte, was Bewerber bei deutschen Stellenanzeigen vermissen!2
- Gehalt und Sozialleistungen (60%)
- Karriereperspektiven (42%)
- Was bietet mir das Unternehmen (42%)
- Informationen zum Bewerbungsprozess (36%)
- Unternehmensbeschreibung (25%)
- Work-Life-Balance (24%)
- Unternehmenswerte (20%)
Politiker, Unternehmer und Menschen mit einer gewissen Distanz zur Realität (weltfremde) würden durch die Offenlegung von Gehaltsangaben in Stellenanzeigen für die Themen Arbeit, Gehalt und Lebensqualität sensibilisiert. Beim Durchstöbern der Stellenanzeigen könnten sie erkennen, dass viele Arbeitnehmer vom Gehalt allein nicht wirklich leben können, sondern oft nur existieren (am Leben nicht teilnehmen können). Sie würden möglicherweise auch nachvollziehen, warum einige Menschen in einem Land von den Normen und Werten extrem abweichen. Zudem könnte ihnen klar werden, dass Niedriglöhne keine volkswirtschaftliche Stabilität fördern (Sozialkassen, Altersarmut) und erst recht keine neuen unternehmerischen oder politischen Entscheidungen ermöglichen; denn bei der Schönfärberei von Arbeit- und Lohn- Statistiken gibt es keinen Anlass für gesellschaftliche Veränderungen.
Welche Vorteile hätte die Offenlegung von Gehaltsangaben
in Stellenanzeigen?
Vorteile von Gehaltsangaben in deutschen Stellenanzeigen,
Beispiele:
- Die Gehaltsverhandlungen für Berufseinsteiger wären einfacher oder könnten sogar ganz entfallen.
- Die Gehaltsverhandlungen könnten vom Bewerber mit mehr Selbstbewusstsein geführt werden.
- Die wiederkehrende Frage, welche Gehaltsvorstellungen im Bewerbungsanschreiben als angemessen gelten, würde durch die Offenlegung in deutschen Stellenanzeigen überflüssig. Zudem würden dadurch zwei bis drei Zeilen im Anschreiben für wichtigere Informationen frei werden. Gleichzeitig wird das Risiko verringert, dass Bewerber aufgrund zu niedriger oder zu hoher Gehaltsvorstellungen bereits im Vorfeld aussortiert werden.
- „Eventuelle Zulagen zum regulären Gehalt, wie das in Österreich gezahlte 13. und 14. Monatsgehalt (Urlaubs- und Weihnachtsgeld), würden durch die Offenlegung deutlich transparenter werden
- Vergleichbarkeit mit ähnlichen Unternehmen der Branche hinsichtlich Größe und Art.
- „Durch die Transparenz und Offenlegung von Gehaltsangaben in deutschen Stellenanzeigen sind Unternehmen gefordert, sich stärker anzustrengen, um die passenden Mitarbeiter zu gewinnen.
- Die Suche nach neuen Jobstellen macht viel mehr Spaß, da man in der Regel aus dem Kindesalter der Überraschungseier herausgewachsen ist (was wird mir der Arbeitgeber zahlen (Überstunden, Weihnachten, Feiertage und weitere Fragen..).
- Unternehmen, die das Gehalt aus einem Fixum und einer variablen Vergütung (Provision) zusammensetzen und dies als leistungsabhängige Bezahlung vermarkten, um ihre Mitarbeiter zur Arbeit zu motivieren, haben ein Problem. Denn das Fixum liegt nicht annähernd auf dem Niveau des gesetzlichen Brutto-Mindestlohns.
Exkurs von Fixum und variabler Vergütung?
Was die meisten Unternehmen in der Zahlung von Gehältern vergessen ist, dass es immer Personen geben wird, die ihr Gehalt, ob niedrig oder hoch als „Anwesenheitsgehalt“ betrachten. Da helfen auch die Tricks von Gehalts-Provisionen sehr wenig. Denn damit beweist ein Unternehmen nur seine Unfähigkeit in der richtigen Bewerberauswahl, sowie der eigenen Unternehmensstrategie, wenn man versucht ist, den Mitarbeiter einzig über einen variablen Anteil (Provision, Bonus, Prämie ..) zum Arbeiten zu motivieren. Wir verstehen zwar auch, dass manche Branchen und Kleinunternehmer so arbeiten müssen. Doch global gesehen ist die Teilung von Gehalt in Fixum und variabler Vergütung, ein Misstrauen. Die Folgen und Antworten solcher betrieblicher Maßnahmen, kennen Sie als Mitarbeiter und als Kunde selbst.
Wer als Unternehmen folgende beispielhaften Anforderungen in Stellenanzeigen stellt: Belastbarkeit, fließende Deutsch- und Englischkenntnisse, wünschenswert noch eine andere Fremdsprache, Hands-on Mentalität, mehrjährige Berufserfahrung, unternehmerisches Denken und Handeln, abgeschlossenes Studium bzw. eine abgeschlossene praktische Ausbildung – sollte auch ohne gesetzliche Aufforderung fähig sein, Gehaltsangaben, Nebenleistungen und andere Leistungen in Stellenanzeigen anzugeben! Zudem steht das Gehaltsbudget für die eine Jobposition schon vor dem Vorstellungsgespräch fest und wird ganz sicher nicht erst beim Vorstellungsgespräch gebrainstormt!
Verehrte Unternehmen und Konzerne, Bewerber möchten selbstverständlich über das Gehalt sprechen, doch das Feilschen um die Vergütung entspricht nicht der deutschen Kultur. Noch besser wäre es, wenn in Stellenanzeigen eine Brutto-Netto-Gehaltsangabe (Steuerklasse I) veröffentlicht würde, da diese das tatsächlich verfügbare Einkommen widerspiegelt. So könnten auch Politiker und andere Entscheidungsträger fundierte Statistiken erstellen. Allerdings ahnen wir bereits, dass einige Unternehmen, Politiker und sogar Bewerber sich gezielt gegen die Angabe von Gehältern in deutschen Stellenanzeigen aussprechen werden.