Lesezeichen hinzufügen

Viele Personen stellen sich die Frage, wie denn der Idealfall ausschauen müsste, um eine Liebesbeziehung dauerhaft zu erleben. Hierzu gibt es verschiedene Meinungen und Theorien, angefangen davon, ob eine Liebe überhaupt dauerhaft bestand haben kann, bis hin zu, dass die Liebe nur als ein Instrument der natürlichen Fortpflanzung dient. Und falls die Suche nach der genetischen Perfektion aus biologischen Gründen ausfällt, so bleibt noch die Theorie der persönlichen Befriedigung übrig (persönlicher Eigennutz, das Sich-vollständig-Fühlen, nicht mehr alleine sein wollen ..). Doch wie auch immer die Liebe definiert wird, ob wissenschaftlich, rein körperlich oder metaphysisch (spirituell, überirdisch), eine Person greift bewusst oder unbewusst in den Prozess einer Partnerschaft/Beziehung steuernd ein.

Mögliche Illusion und Verzerrung von Liebe? 1
Assimilation und Akkomodation aus der Sichtweise der Liebe

Bevor wir auf den Idealfall der Liebe zu sprechen kommen, möchten wir kurz ein Prozess aus der Entwicklungspsychologie aufführen, die Ihnen helfen kann, bestimmte Dinge anders zu betrachten. Der Entwicklungspsychologe Jean Piaget (1896-1980) untersuchte die Denksysteme (kognitive Fähigkeiten) hauptsächlich an Kindern. Dabei nahm Piaget an, dass der Mensch sich von Geburt an aktiv mit seiner Umwelt auseinandersetzt. Diese eine Form der Auseinandersetzung wird auch Anpassung genannt und wird in zwei verschiedene Formen unterteilt. Vorab sollten Sie in diesem Zusammenhang noch das Wort Schema kennenlernen. In der Psychologie wird ein Schema als ein Wissensbaustein über ein bestimmtes Thema (Objekte, Ereignisse aus der Umwelt ..) verstanden. Ein Kind lernt beispielsweise die biologischen Unterschiede zwischen Frau und Mann kennen, in diesem Fall also die Mehrzahl → Schemata. Daher hören Sie manchmal im täglichen Leben: „Schemadenken Frau-Mann“. Dieses sogenannte Schemadenken macht es schwierig Vorurteile abzubauen. Sie können auch das Schemadenken: „BMW-Auto-Fahrer“ wählen. Diese BMW-Auto-Fahrer werden große Schwierigkeiten haben ein Auto der Marke Mercedes-Benz zu fahren, auch wenn relevante Informationen für Gegenargumente vorliegen würden.


Neue Erfahrungen, neue Informationen können mit bereits erworbene Schemata kombiniert, neu-arrangiert, verfestigt und verändert werden. Gleichzeitig können diese aber auch vollständig durch das bestehende Schema-Raster fallen, was ein Neuerwerben von Wissen erstmal unmöglich macht beziehungsweise beeinflussbarer, da nur die Informationen aufgenommen werden, die in das bestehende Schemadenken reinpassen.

Beispiel
von Anpassung mit dem Modell Assimilation und Akkomodation

Assimilation als Kind Akkomodation als Kind
Ein Kind kennt bisher nur Fische, die im Wasser schwimmen. Daher wendet das Kind dieses Wissen (Schema) auf alle Tiere an, die im Wasser schwimmen und bezeichnet Enten zunächst auch als Fische. Oder ein Kind, welches gerade greifen gelernt hat, versucht das Element Wasser ebenso zu greifen. Das Kind drängt sozusagen sein Wissen (Schema: „Greifen“) der Umwelt auf. Solange dieses Aufdrängen erfolgreich ist, verändert das Kind sein Schema nicht. Das Kind erkennt ab einer gewissen Altersstufe von selbst, dass sein Denk- und Handlungsschema nicht mit der Umwelt übereinstimmt. Um dieses Ungleichgewicht zu beheben, verändert das Kind sein Schema. Das Kind stellt fest, dass man das Element Wasser nicht greifen kann, dafür aber schöpfen kann.
Assimilation in der Liebe Akkomodation in der Liebe
Wir sehen die Dinge, wie wir sie sehen wollen – der Partner wird zur Bedürfnisbefriedigung so passend gemacht, dass es in unser Bild der Vorstellung besser passt. Dabei werden eventuelle Widersprüchlichkeiten, das Wissen, dass die andere Person nicht wirklich richtig zu uns passt in der realen Situation entweder umgedeutet oder sogar ignoriert. Auch tiefe Vorstellungen einer Liebesbeziehung oder wie wir eigentlich mal eine Beziehung als Idealvorstellung führen wollten (Umgangston, Verhalten ..), werden umgedeutet oder ignoriert.
[ Verzerrung der Wirklichkeit, eigene Täuschung, Orientierung nach Stars oder anderen aktuellen Vorbildern .. ].
Wir sind bereit uns zu selbst verändern, da wir erkennen, dass wir mit unserem Denk- und Handlungsverhalten in unserer Umwelt nichts bewirken können. Die Gefahr besteht aber, dass ein zu großes Anpassungsverhalten folgt, sogar eine Nachahmung oberflächlicher Denk- und Verhaltensweisen. Das Denken, die Einstellung (langdauernde Meinung) aus früheren Zeitperioden wird verändert. Dadurch kann es auch passieren, dass sie frühere Liebesbeziehungen anders bewerten als heute.
Das neue, vorhandene Objekt [ Umwelt ] wird an das Denken, das Verhalten, unsere Erfahrungen und an unsere Vorstellungen angeglichen bzw. integriert. Das Denken, das Verhalten, unsere Erfahrungen und unsere Vorstellungen werden an das neue, vorhandene Objekt [ Umwelt ] angepasst.

Diese Assimilation-Akkomodation-Anpassungsprozesse können sich im Wechselspiel gegenseitig beeinflussen beziehungsweise ineinandergreifen und finden im täglichen Lebensprozess ihre Anwendung. Eine Person versucht in der Regel extreme Spannungszustände von seinen Schemata (Wissen, Vorstellungen, Erfahrungen ..) und der äußeren Realität zu vermeiden und sucht daher ein Gleichgewichtszustand unter diesen Assimilation-Akkomodation-Prozessen. Diese Gleichgewichtssuche wird als Äquilibration bezeichnet.

Wie schaut der Idealfall der Liebe denn aus?

In einigen Artikel weisen wir darauf hin, dass in erster Linie die Person, die eine dauerhafte Partnerschaft erleben möchte, selbst im Gleichgewicht mit seiner Person und den Bedürfnissen sowie Gefühlen stehen sollte. Denn eine Partnerschaft ist nicht gleichzusetzen mit einer Beziehung, auch wenn die Wörter umgangssprachlich das identische meinen wollen. Der Idealfall der Liebe nach der Dreieckstheorie der Liebe von Robert Sternberg (1986) kann dauerhaft erlebt werden, wenn alle drei Aspekte „Leidenschaft, Intimität, Entscheidung und Verbindlichkeit“ im Gleichgewicht sind.

» Leidenschaft « » Intimität « » Entscheidung / Verbindlichkeit «
Mit der Leidenschaft wird die Erregung, die sexuelle Anziehung, der „heiße“ Teil in einer Beziehung verstanden, die bewußt erlebt wird. Dabei steigt die Leidenschaft stark steil an und fällt schrittweise wieder ab, allerdings nicht vollständig. Die Intimität erfolgt meist langsam aber dafür beständig. Körperliche und emotionale Nähe, gedanklicher und spiritueller Austausch werden in der Intimität einfach erlebt ohne diese genau benennen zu können. Die Vertiefung und der lebenslange Ausbau der Intimität belebt sowohl die Leidenschaft, als auch das die Verbindlichkeit einen Sinn erfüllt. Die Verbindlichkeit und Verpflichtung, dass man langfristig zusammen bleiben mag. Diese Verbindlichkeit kann mündlich erfolgen oder wird deutlicher durch das Zusammenziehen oder bei einer Heirat vollzogen.
motivationale Komponente (Trieb, Sex) emotionale Komponente kognitive Komponente
» passion « » intimacy « » decision/commitment «
» romantische Liebe « » partnerschaftliche Liebe «

1 Psychologie als Wissenschaft, Fakultät für Psychologie Ursula Kastner-Koller, Pia Deimann, 2007, ISBN 13: 9778-3-7089-0107-7
1 Online-Kommunikation, Die Psychologie der neuen Medien für die Berufspraxis, Annette Kielholz, 2008, ISBN 13: 978-3540-76328-4
Allgemeine Quellen:
Persönlichkeitspsychologie von Lothar Laux, 2.Aufl.2008, ISBN 978-3-17-019836-4
Partnerwahl – Befunde und Theorien von Thomas Glöckner, 1.Aufl.2002, ISBN 978-3-640-73766-6
Liebe im Fokus der Paartherapie von Astrid Riehl-Emde, 2003, ISBN 3-608-91081-6
Sozialpsychologie von Elliot Aronson, Timothy Wilson, Robin M. Akert, 4.Aufl. 2004, ISBN 978-3-8273-7084-6
Bild im Header:
Fotograf: conwide.de