Im Zuge der Artikelserie: „Soziale Armut vs. .. “ und u.a. die Artikel Exportweltmeister, Europa mit Währungsunion (EWWU), darf das Thema Fachkräftemangel nicht fehlen. Wir sind weniger erstaunt, aber dennoch überrascht wieviel Energie und Geld in politische Artikel über Fachkräftemangel umgesetzt werden. Die Verweisung auf Demografie-Wandel und Fachkräfte-Mangel passt aber ins politische und unternehmerische Wahlprogramm, sowie die gleichzeitige Abwertung anderer Personen wie zum Beispiel, dass Jugendliche anscheinend zu dumm sind die einfachsten Aufgaben zu erledigen, aber Erwachsene sich gerne erklären lassen wie ein Smartphone oder Computer funktioniert. Beiden Seiten könnten trotz der beispielhaften typischen Generationsunterschiede, die es immer geben wird – voneinander lernen. In der volkswirtschaftlichen Fachsprache spricht man hierbei von positiven Wohlstandseffekten:
- Personen/Länder die jeweiligen unterschiedlichen Stärken gemeinsam nutzen, um Vorteile aller Beteiligter zu erreichen (Lebensbedingungen, wirtschaftliche Bedingungen, ökologische Bedingungen, Wissenstransfer, Erfahrung ..).
Der sogenannte Fachkräftemangel oder internationale Handel kommt fast ausnahmslos Großkonzernen mit Anteilseigner zugute, weniger aber der breiten Masse. Lassen Sie sich weniger von Fachwörtern in die Irre führen und achten Sie genau, wer beispielsweise und wie von positiven oder negativen Wohlstandseffekten spricht.
Eine Instanz, die sich mit dem Thema Fachkräftemangel beschäftigt, ist die Webseite vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Folgende interessante Überschriften werden auf den Unterseiten des Bundesministeriums laut:
- Das Portal zur Fachkräfte-Offensive 1
- Eine guter Platz für Fachkräfte – Gemeinsam Deutschlands Zukunft sichern 2
- Make it Germany 3
Was ist überhaupt eine Fachkraft?
Definition Fachkraft:
„Personen mit mindestens einer abgeschlossenen Berufsausbildung oder einem vergleichbarem Sekundärabschluss.“ 6
„Der deutsche Arbeitsmarkt ist im Umbruch: Während die vergangenen Jahrzehnte von Strukturwandel und hohen Arbeitslosenquoten geprägt waren, erlebt die Nachfrage nach Arbeitskräften derzeit einen regelrechten Boom.“.. (Stand 2011) 4
Interessant, ein Boom mit ca. 500.000 registrierten offenen Stellen und weit über 5 Millionen Arbeitslosen? Fairerhalber muss man betonen, dass es unter den Arbeitslosen auch Menschen gibt, die aufgrund gesundheitlicher Beschwerden nicht mehr alle Tätigkeiten ausüben können. Doch auch hierfür haben die Institutionen eine Antwort.
„Fachkräftemangel bei gleichzeitiger Arbeitslosigkeit ist ein strukturelles Phänomen des Arbeitsmarktes, das im konjunkturellen Aufschwung zunimmt. In der Ökonomie wird von „Mismatch“ gesprochen, wenn offene Stellen auch bei Arbeitslosigkeit nicht besetzt werden können.“.. (Stand 2011) 4
Wieviele Fachkräfte würden überhaupt laut Studie fehlen?
- Bis 2025 sollen schätzungsweise 6 Millionen Arbeitskräfte weniger zur Verfügung stehen
(make-it-in-germany.com) 3 - Bis 2030 – 5,2 Millionen Personen, davon 2,4 Millionen Akademiker und 600.000 geringqualifizierte
(Prognos-Institut) 4 - Bis 2020 – nur 2 Millionen fehlenden Fachkräften
(Laut McKinsey-Studie) 4
„Trotz solcher Engpässe in einzelnen Berufsgruppen und Regionen kann man aber heute noch nicht von einem generellen Fachkräftemangel in Deutschland sprechen.“..
(Stand 2011)4
Hauptsache einen Job?
Die wachsende Zahl an Ausbildungsmöglichkeiten wie beispielsweise auch auf dem dritten Bildungsweg (bsp.: Fachwirt, Betriebswirt, Fern- und Abenduniversität ..) sind lobenswert, automatisieren aber den Wettbewerb unter den Bewerbern, sodass einige Bewerber schnell bereit sind jeden Job anzunnehmen, egal wie tief der Kurspreis (Lohn/Arbeitsbedingungen) steht. Unternehmen und Politik begründen die zunehmende Leistungserhöhung bzw. Qualifikationsintensität der Bewerber mit nationalen und internationalen Wettbewerb. Doch letztendlich werden „geringqualifizierte“, als auch „hochqualifizierte“ ins Abseits gedrängt und das trotz möglicher praxisnaher Stellenbesetzung. Die oftmals eigene kostenintensive Bildung auf dem dritten Bildungsweg hat aus dieser Perspektive erstmal nur den persönlichen Vorteil. Ein Blick in Stellenbeschreibungen zeigen die steigenden Anforderungen und die Wünsche der Unternehmen und zeigen gleichzeitig wie unflexibel viele Unternehmer selbst sind.
Fehlbesetzungen Fachkräftemangel?
Unnötige Fehlbesetzungen von Fachkräften verfälschen gleichzeitig die Statistiken, was den zukünftigen Bedarf bzw. die zukünftige Berufswahl erschwert. Selbstverständlich soll jede Person den Berufsplatz frei wählen. Dennoch haben Unternehmen die Verantwortung, Stellenpositionen nicht im überhöhten Maße überqualifiziert oder vollständig falsch zu besetzen. Denn durch Fehlbesetzungen werden Entwicklungspotenziale u.a. beim Bewerber vergeudet als auch langfristig die Arbeitsmotivation sinken. Gleichzeitig werden jenen Fachkräften des ersten Grades (ohne akademischen Ausbildung) die Chance genommen sich in ein neues Unternehmen überhaupt einarbeiten zu dürfen. In der politisch-medialen-Gesellschaft verstärkt sich dieser negative Effekt von unnötigen und häufigen Fehlbesetzungen. Denn eine Person mit irgendeinem „Job“ findet eher Akzeptanz als die Frage nach der „Berufung“ bzw. Arbeitslosigkeit. Gleichzeitig natürlich können auch wir nicht ausschließen, dass für bestimmte Berufszweige verschiedene Berufe (Erfahrungswerte) sogar notwenig sind. Wir möchten nur aufzeigen, dass Fachkräftemangel mehrere Ursachen haben kann, genauso wie die fehlenden Investitionen von Unternehmen (z.B. Lohn/Gehalt, Arbeitsbedingungen, Ausbildungen, Fortbildungen..) = Stichwort Profitmaximierung.
Ist nicht die Masse an Bewerber sogar höher qualifiziert, als noch vor 30 Jahren? Die Ursache für fehlende Stellenbesetzungen könnten also auch woanders gesucht werden. ..
Bewerberauswahl, wer richtig?
Je mehr Bewerberprofile /-Qualifikationen ein Personalbüro auf dem Tisch vorliegen hat, desto eher kann nach dem günstigsten und anschmiegbarsten Alleskönner gesucht werden. Dabei ist es irrelevant, ob die geforderten Qualifikationen in der Praxis wirklich benötigt werden oder nicht. Hier wird auch von Akademisierung einfacher Stellenpositionen gesprochen mit nachteiligen Verdrängungseffekten für die Gesamtwirtschaft. Universitäten und Fachhochschulen führen zudem einen idiotischen Qualifikations-Krieg untereinander aus, wer denn nun der Bessere ist.
Deutschland hat keinen Fachkräftemangel, sondern vorerst zeitliche bis regionale Engpässe, die sich aber durch das System immer ergeben werden. Unternehmer sind verständlicherweise auch auf der Suche nach dem einen Top-Kandidaten (eierlegende Wollmilchsau), wonach Bewerber alle noch so schwierige Aufgaben und Anforderungen in jüngsten Lebensjahren erfüllen sollen ohne dabei große betriebliche Aufbauinvestition leisten zu wollen. Doch für hohe und sogar für einfache Spezialisierungsanforderungen waren und sind einzig die Betriebe verantwortlich. Für gesunde und langjährige Mitarbeiter sind Unternehmer sowie die Politik verantwortlich (Steuern, Abgaben, Mietpreise/Lohngefüge/Nettoeinkommen ..). Kein Ausbildungssystem, kein Motivationscoach könnte dem je gerecht werden. Man kann also behaupten, dass der Fachkräftemangel in Deutschland (-Werbung/Propaganda) als Argument für die verschiedestensten Ziele verwendet wird (z.B.: Destabilisierung der Herkunfts- und Bestimmungssländer, Gewinnmaximierung, neue Gesetze .. ).
Fachkräftemangel in Deutschland im Jahr 1962?
Ein Fachkräftemangel im Vergleich zu den Jahren 1962 und 2014.
- Anhaltender Arbeitskräftemangel im Jahr 1962 5
ca. 550.000 offene Stellen registriert und die Zahl der Arbeitslosen belief sich auf 140.000 Personen - Fachkräftemangel im Jahr 2014 6
ca. 500.000 offene Stellen registriert und die Zahl der Arbeitslosen beläuft sich weit über 5 Millionen Personen
Diesbezüglich können Sie gerne nochmal zum Anfang unserer Artikelserie gehen, denn dadurch wird Ihnen jetzt so manches klarer, zum Beispiel mit diesem Artikel: « Soziale Armut (1.1) vs. Wirtschaftskrise »
Die Fachkräfte-Initiative Deutschland hat großteils die Aufgabe, Arbeiter aus dem Ausland günstig zu beziehen, um dadurch den Druck auf die inländischen Bewerber zu erhöhen. Um den Lohn niedrig zu halten, gibt es beim Bewerbungsgespräch die verschiedensten Ausreden (fehlende Berufserfahrung, fehlende Qualifikationen, zu alt, zu unerfahren, zu jung, nicht zielstrebig genug ..). An der Arbeitsmarktpolitik sind „nicht“ die zugereisten Ausländer schuld, sondern die politische und unternehmerische Ausrichtung mit medialer Unterstützung. Die Bürger oder der „Pöbel“ sollten sich also nicht gegenseitig, wie eventuell erwünscht den Lebens- und Arbeitsraum gegenseitig streitig machen, sondern bedacht mal über die tiefen Zusammenhänge nachdenken. Die unternehmerische und politische Arbeitsplatzflexibilisierung (Zwangs-Mobilität) wurde seit der Europa-Entstehung verstärkt gefördert – Lohndumping durch ein größeres Angebot an Arbeitskräften … . Zudem wird kaum die Frage gestellt, wie hoch der Anteil an Unternehmen selbst doch wiegt, wenn über die Jahre gutes Fachpersonal vergrault wurde (Kündigungen, eigene innere Kündigung, Auswanderung, Krankheitsquote ..).
Die politischen und unternehmerischen Instanzen würden gut daran tun, das Wort Fachkräftemangel mit dem Wort „zusätzlicher Ersatzbedarf auf Zeit“ zu ersetzen. Dieses Wort diskriminiert die inländischen Fachkräfte hinsichtlich der Ausbildung und Qualifikation nicht und hat zugleich die Aussage, dass der Ersatzbedarf in beide Richtungen fließt und abfließt. Sollte der Ersatzbedarf eine prozentuale Höhe überschreiten, kann von Planungsfehlern aus der Industrie und soziologischen Fehlern aus der politisch-medialen-Gesellschaft gesprochen werden (Stichwörter: Niedriglohn-Sektor, Fachkräfteflucht ins Ausland, Lohndumping).