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Wie schon in anderen Artikeln und auch hier liegt unser Fokus darauf, dass psychosoziale Erkrankungen keine Einzelschicksale oder einzig auf personenbezogene Variablen zurückzuführen sind, sondern im kausalen Zusammenhang des Wirtschaftssystems stehen. Psychosoziale Erkrankungen, wie Depressionen oder Burn-Out sind keine Krankheiten aufgrund maßgeblicher persönlicher Schwächen oder möglichen defekten im Immunsystem. Vielmehr sind diese psychische und auch psychosomatische Erkrankungen im Lebensabschnitt eines Menschen herbeigeführt, die durch ungünstige und ungesunde Bedingungen aus dem Lebenssystem geschaffen wurden. Enge Handlungsspielräume im Beruf und im Privaten verstärken zudem den Prozessweg der psychosozialen Belastungen insofern, dass Personen das Gefühl empfinden, die Kontrolle über das eigene Leben zu verlieren. Daher tun sich Personen mit finanziellen Handlungsmöglichkeiten leichter Arbeits- und Lebenskrisen zu bewältigen. Denn Erholungsurlaube, medizinische Behandlungen sowie Ersatz- und Konsumbefriedigung (auch wenn das Problem dadurch nicht gelöst wird) tragen zum Erholungsprozess bei. Diese finanziell abgesicherten Personen sind mehr psychischen Belastungsfaktoren durch Arbeit ausgesetzt, weniger aber sozialen Belastungsfaktoren – da unter anderem die soziale Behandlung (Partnerschaft, allgemeines Umfeld) und die Bewertung daraus anders ausfällt.


Je höher Personen in der Hierarchie-Stufe stehen, ob durch erhobenen Status (Stars, Sportler, Personen des öffentlichen Lebens ..) oder aufgrund von Qualifikationen (Doktorgrade, gute Berufsstellung ..) desto mehr sind viele Personen geneigt diesen Personengruppen mehr Anteilnahme zukommen zu lassen, mehr Verständnis zu zeigen und auch mehr zu verzeihen.

Trotzdem sind allen Personen die Begriffe aus der Arbeit bekannt, wenn auch die Intensität aufgrund der möglichen Bewältigungsmöglichkeiten anders erlebt wird:

  • allgemeiner Druck (Hetze, Stress)
  • Arbeitsverdichtung in Form von Mehrarbeit und Mehrleistung
  • hoher Zeitdruck, stündige Erreichbarkeit
  • nachträgliche und unbezahlte Tätigkeiten nach der Arbeit
  • knappe Fertigstellungszeit (Deadline)
  • wenig bis überhaupt kein Mitspracherecht
  • starke und regelmäßige Kontrollen
  • unnötige oder lange Meetings (Mitarbeiter- und Führungsbesprechungen)
  • Umsatzdruck, Verkaufsdruck
    [Ziele der Manager-Etage werden in Teilbereiche runtergebrochen (Abteilungen, Büro, Verkäufer .. )]
  • Konflikte mit Kollegen, Vorgesetzten, Kunden (Mobbing)
  • Existenzängste bei Arbeitsplatzverlust
    beziehungsweise Arbeitsplatzunsicherheit mit entsprechenden Folgen
  • oft verknüpft mit Einkommensarmut (Niedriglohn, atypische Jobs ..)
  • Arbeit-Freizeit-Private-Konflikte – zeitlicher und psychischer Druck (Work-Life-Balance)
  • Abwertungserlebnisse durch das Umfeld
  • … .

Vielen Jobpositionen klingen anfangs verlockend, sind aber in der Praxis mehr als ermüdend und schädigen die Gesundheit. Beispielsweise werden zur Verkaufsmannschaft eines Unternehmens zusätzlich externe Unternehmen beauftragt, um den Absatz in der jeweiligen Filiale zu steigern. Dies zieht sich von der Modebranche, Automobilbranche, Lebensmitteldiscounter bis zu Suppenherstellern durch. Das Umsatzziel zu erreichen und damit der Verkaufsdruck, wird auf die Verkäufer (Büro oder vor Ort) abgewälzt. Netterweise sprechen Führungskräfte von Zielvereinbarungen, Garantiegehalt, Provisionsgehalt und Bonusauszahlungen. Die meisten arbeitenden Personen in diesen Bereichen können aber ein anderes Lied davon singen. Durch diesen Umsatz- und Profitmaximierungsdruck können Führungskräfte trotz aller tollen Schulungen überhaupt nicht die Energie aufwenden die Mitarbeiter zu führen (Potenzial entfalten) oder angemessen zu bezahlen. Denn in solchen Berufssparten kann ein Mitarbeiter nur als ein Verwaltungsgeist behandelt werden, als austauschbare Ressource → siehe auch Zeitarbeitsunternehmen mit Zeitarbeitnehmer. Doch für solche Konflikte stehen dem Markt unzählige Lebens-Optimierungs-Berater zur Seite (vor- und nachgelagert) und versuchen ein neues positives Betriebsklima, einen neuen Motivationsschub zu schaffen. Diese Berater werden immer ihr Geld verdienen können, da beispielsweise eines der Hauptprobleme noch nicht gelöst wurde → Wettbewerbs- und Rationalisierungsdruck (Globalisierungsfalle national und international), Profitmaximierung (Aktien/Börse/Anteilseigner).


Das ganze System befindet sich in einem Teufelskreis. Wir behaupten, die ganze Welt – da Wirtschaftssysteme starke und negative Wechselwirkungen in allen Bereichen produzieren, aber gleichzeitig darauf angewiesen sind (Doppel-Moral).5 Heutige Wirtschaftssysteme fördern keine Persönlichkeitsentwicklung, sondern mehr einen Absatz-Gewinner-Mitarbeiter (Person). Profit, Effizient, Produktivität und Macht stehen daher oft im Konflikt mit Mitgefühl, Empathie, Moral und Ethik bzw. positive Menschheitsentwicklung. Was zu bekannnten Berufs-Krankheiten und leider verlagert auch zu Gewalttaten / Kriminialität führt. Die Frage bleibt: „Wohin will der Mensch sich überhaupt entwickeln, was würden Historiker über die Menschen aus dem 21.Jhd. berichten?“

Psychosoziale Arbeitsbelastungen

Von 2000 bis 2012 hat sich der Anteil betrieblicher Fehltage durch psychosoziale Erkrankungen verdoppelt und war im Jahr 2012 die zweithäufigste Ursache von Arbeitsunfähigkeitstagen. Die durchschnittlichen Fehlzeiten aufgrund psychischer Faktoren sind von 2000 bis 2012 um 8 Tage und somit auf 34 Tagen im Jahr angestiegen.1 Dagegen haben Arbeits- und Wegeunfälle, die zu einer Arbeitsunfähigkeit von mehr als drei Tagen oder zum Tod führten seit 1986 abgenommen. Dennoch bleibt der Kontakt mit Asbest die häufigste Todesursache bei Berufskrankheiten, 1407 Todesfälle im Jahr 2012 (Lungenkrebs oder Kehlkopfkrebs in Verbindung mit Asbestose, durch Asbest verursachtes Mesotheliom des Rippenfells, des Bauchfells oder des Pericards)2

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Quelle Bilder: 2

Psychische Präventions-Maßnahmen
aus betrieblicher Sichtweise:

  • Organisation
    (Arbeitsverfahren, Arbeitsabläufe, Arbeitszeit, Unternehmenskultur /-Haltung ..)
  • Personalführung
    (Kompetenzen, Führung, Einfluss, Beurteilungen, Arbeitsanweisungen ..)
  • Arbeitsplatz
    (Arbeitsplatzgestaltung und Umfeldfaktoren, beispielsweise Lärm, kein flimmernder PC-Bildschirm, keine billigen Stühle ..)
  • Mitarbeiter (50%)

Einflussbereich geringer,
psychische Präventions-Maßnahmen:

  • Mitarbeiter (50%)
  • Kunden (Patienten)
  • Wettbewerb
  • andere Umwelteinflüsse

Jeder Mensch reagiert bei psychischen Arbeitsbelastungen anders. Auch können Arbeitstätigkeiten unterschiedlich auf Personen wirken. Ein einfaches Beispiel sind monotone Tätigkeiten: Während und nach der Arbeit, reagiert die eine Person gelassen und beruhigt – hingegen die andere Person unruhig, unkonzentriert und negativ gereizt ist.


Was die eine Person beruhigt, reizt die andere Person negativ und kann auf Dauer psychisch belastend wirken. Daher sollten Personen verstehen, dass nicht jede Person die Tätigkeit des anderen ausüben kann. Somit sind alle Menschen eines Landes aufeinander angewiesen. Verständnis aus der Perspektive von Kunden und Unternehmer (Verkäufer) unterstützen die Aufgaben für beide Seiten positiv. Eine Bewertung der Arbeitsleistung in Zahlenwerten ist unzureichend. Früher oder später werden Betriebe auf den Faktor Mensch wieder zurückkommen müssen.

Andere Krankheiten erfassen?

Wenn Sie andere psychische Störungen detailliert erfassen möchten (psychische Störungen, allg. Verhaltensstörungen, durch Alkohol bedingt u.a.), können Sie unterschiedliche Statistiken verwenden. Dort werden vollstationäre Aufenthalte (Krankenhaus-Tage) und stationäre Aufenthalte nach Alter und Krankheit strukturiert.3 Mittlerweile ist es anerkannter, dass körperliche Vorgänge mit seelischen Vorgängen im Zusammenhang stehen. Die Ärztezeitung verweist darauf, dass Depressionen mit Organveränderungen wie beispielsweise Herz-Kreislaufkrankheiten im Zusammenhang stehen (Ursuche, Wirkung oder beides) und daher zeitgleich auftreten können.4 Auch die Unfallverhütung betrachtet bei der Prävention von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten psychische Faktoren und nicht nur technische Faktoren.


Unfälle sind selten auf monokausale Umstände zurückzuführen, sondern auf eine Reihe von Umständen. Dies gilt auch für Klassifikationssysteme von Krankheiten.

Es kann durchaus möglich sein, dass aus statistischen Gründen Krankheiten kausal klassifiziert werden, um damit eine Krankheit in den Vordergrund zu stellen und eine andere in den Hintergrund. Achten und prüfen Sie trotz eventueller Schwierigkeiten selber, wenn hohe oder sogar niedrige Werte eine Krankheit medial, stetig unterbreitet werden.

Als Beispiel: Raucher, die allgemein und immer für alle Krebsformen, überwiegend für Lungenkrebs verantwortlich sein sollen (Einnahmen 14,7 Milliarden Euro Tabaksteuern). 6 Nur wenigen ist bewusst, dass ein Fahrzeug (Auto) mit 8 Liter Benzinverbrauch pro 100 Kilometer / 19 Kilogramm CO2 Emissionen (Kohlenstoffdioxid, farb- und geruchloses Gas) freisetzt. Der Kraftstoff Diesel im direkten Vergleich sogar 21,2 Kilogramm.7 Dabei geht es nicht einmal um die CO2-Emissionen sondern um die vielen enthaltenen Schadstoffe, die sich krebserzeugend auf den Menschen auswirken (Atemwegsirratationen, Schwebstaub, Herz und Kreislaufprobleme, Allergien ..).8 Auch der Rußpartikelfilter für Dieselkraftstoffe ändert nichts an der Tatsache. Nicht umsonst wird auch dort von Feinstoff-Belastungen gesprochen, da gerade durch den Partikelfilter ultrafeine Partikel tief in die Lunge eindringen und in die Blutbahnen gelangen. 9 Kfz-Verkehr und Industrie sind die Hauptverursacher von feinstaubverursachenden und krebserzeugenden Stoffen.10

1 http://www.bptk.de/uploads/media/20140128_BPtK-Studie_zur_Arbeits-und_Erwerbsunfaehigkeit_2013_1.pdf
1 http://de.statista.com/themen/1318/psychische-erkrankungen/
1 http://de.statista.com/statistik/daten/studie/181090/umfrage/depressive-beschwerden-in-der-allgemeinbevoelkerung-2010/
2 http://www.dguv.de/medien/inhalt/zahlen/documents/schueler/dguvstatistiken2012d.pdf
3 https://www.destatis.de/DE/Publikationen/Thematisch/Gesundheit/Krankenhaeuser/DiagnosedatenKrankenhaus2120621127004.pdf?__blob=publicationFile
4 http://www.aerztezeitung.de/medizin/krankheiten/neuro-psychiatrische_krankheiten/depressionen/article/479308/haengen-herz-psyche-zusammen.html
4 http://www.kvberlin.de/30patienten/60gesundheitsratgeber/herzerkrankungen/herz_psycho.pdf
5 http://www.wissen-abstrakt.de/verkaufsgespraeche-koerpersprache-auge.html
6 http://www.bundeshaushalt-info.de/startseite/#/2014/soll/einnahmen/gruppe/081328601.html
7 http://www.dekra-online.de/co2/co2_rechner.html
8 http://www.lfu.bayern.de/luft/doc/abgase.pdf
8 http://www.vcd.org/fileadmin/user_upload/redakteure/themen/auto_und_motorrad/auli/AULi_Bewertungsverfahren.pdf
9 http://www.greenpeace.de/themen/endlager-umwelt/dieselruss-feinstaub-und-gesundheit
9 http://www.partikelfilter-fakten.de/startseite/feinstaub.html
10 http://www.infonetz-owl.de/index.php?id=85
Buch:
Angewandte Psychologie für das Human Resource Management von Birgit Werkmann-Karcher, Jack Rietiker, ISBN 978-3-642-12480-8
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