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Wir können nur schmunzeln, wenn Politikmedien und Personen Schlagwörter benutzen ohne kritisch zu hinterfragen, ob beispielsweise der Begriff: „Deutschland ist wieder Exportweltmeister“ – heute, wie damals überhaupt gerechtfertigt ist. Wir versuchen eines der vielen Märchen (Mythen) aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten.

Veränderung des Aussagegehalts Exportweltmeister mit entsprechenden Folgen
inländische Arbeitsplätze, Einkommen ..

„Wird eine Ware im Ausland (be- oder verarbeitet), so registriert die amtliche Statistik zunächst eine Ausfuhr der unveredelten Ware. Nach der Veredelung wird eine Einfuhr erfasst, wobei als Warenwert der Wert der Ware vor der Verdedelung zuzüglich des Veredelungswertes registriert wird (Bruttoerfassung).“3 Die Außenhandelsstatistiken werden im Zuge dieser Erfassung aufgebläht, lassen aber die wirkliche Wertschöpfung eines Landes nicht deutlich erkennen! Die inländische reale Wertschöpfung tritt durch die Vorleistungsanteile aus dem Ausland immer mehr zurück.

Veredelung nach deutscher Sichtweise, falls Produkte bei Fertigstellung exportiert werden,
Beispiel:

Passive Veredelung Wert Aktive Veredelung Wert
Erst-Fertigung im Inland 10 Erst-Fertigung im Ausland 60
Ausfuhr
→ Veredelung erfolgt im Ausland
10 Einfuhr
→ der Ware
60
Einfuhr →
Nach der Veredelung zurück ins Inland
80 Verkauf über inländische Zwischenhändler
(Halbfertigerzeugnisse, oder fast fertige Teile ..)
80
Endmontage im Inland 20 Endmontage im Inland 30
Wert der fertigen Ware 100 Wert der fertigen Ware 110
Export / Statistik = 100 Export / Statistik = 110
Import / Statistik = 80 Import / Statistik = 60
Wirkliche Wertschöpfung aber nur = 30 Wirkliche Wertschöpfung aber nur = 30

Wie Sie aus dem Beispiel erkennen, kann sehr leicht eine Überwertung erfolgen und damit die gesamte Export-Statistik verfälschen. In Deutschland wurden nur 30 Einheiten selbst produziert, der Rest wurde im Ausland produziert.


Im Zuge der internationalen Arbeitsteilung und der daraus resultierenden Zwischenhändler, kann das Wort Exportweltmeister für Deutschland aus der ersten Überlegung überhaupt nicht mehr gelten, da die statistischen Erfassungen von Vorleistungen unzureichend sind und nicht vollständig erfasst werden können. Sogar die Statistik-Berichte machen in kurzen Sätzen auf dieses Problem aufmerksam! Export-Quote, Außenhandelsquote, Bruttoinlandsprodukt pro Kopf, Durchschnittslöhne und viele andere Schlagwörter können nicht gleichzeitig als ein Synonym für hohen Beschäftigungsstand, steigende Löhne oder für Wohlstand (Lebensqualität) stehen.

Auch die Bewertungen bei Tochtergesellschaften (Holdinggesellschaft) führen zu einer veränderten und aufgeblähten Handelsstatistik. Denn deutsche Unternehmen können eigene Betriebsteile ins Ausland verlagern, die dann als ausländische Niederlassungen, Tochtergesellschaften, Offshoring oder als intra-firm-trade bezeichnet werden. Die Frage, wieviel letztendlich in Deutschland nur endmontiert wird ist unklar, sodass der einstige Gütesiegel „Made in Germany und Exportweltmeister“ schon lange nicht mehr besteht. Diese verzerrten Vorgänge von Export/Import wird in der Fachliteratur mit dem Stichwort Basarökonomie behandelt, da unter anderem arbeitsintensive Teile der Wertschöpfungskette bewusst in Niedriglohnländer verlagert werden. Zudem können Inflation, steigende Preise, Mehr-Konsum (mehr Menschen, anderes Land, attraktive Finanzierungsangebote ..), künstliche Produkte wie der unnötige laute, stinkende Laubbläser, als auch Währungsumstellungen die Statistiken aufblähen lassen.

Marktmacht trotzdem behalten?

Moderne Statistiken nennen das Arbeitsteilung, Politiker nennen das Globalisierung und wir nennen das die natürlichen Folgen des Kaptialismus. Alle Wörter haben gemeinsam, dass der Wettbewerbs- und Rationalisierungsdruck stetig wächst und die Länder in einer Globalisierungsfalle stecken. Denn die internationale Arbeitsteilung wird aus Sicht der deutschen Wirtschaft immer härter, da andere Länder in der Wirtschaftsleistung schnell wachsen und keine Drittländer mehr sein werden (Basar-Länder).


Wie kann ein Land trotzdem günstig produzieren, wenn es keine Basar-Länder mehr gibt? Die Antwort lesen Sie später im Zuge der EWWU. Bis dahin finden Sie aber schon eigene Gedanken.

Einige Groß-Unternehmen und Länder konnten ihre Marktmacht ausbauen und damit Druck auf politische Entscheidungen zu ihren Gunsten verstärken, immer mit dem Argument der Arbeitsplatzsicherung – aber in Wirklichkeit die Anvisierung der Profitmaximierung für die verschiedensten Anteilseigner. Und was alle Personen und Länder dabei ignorieren, ist die Verteuerung der Rohstoffe, da immer mehr Länder mehr konsumieren, sodass die Kosten- und Rationalisierungsspirale sich schneller dreht.

Noch ist den Unternehmen möglich durch die unterschiedlichen Steuersätze der jeweiligen Ländern zu flüchten [ Unternehmenssteuer (Besteuerung von Gewinn, Besteuerung von Standort, Besteuerung von Verbrauch..) ]. Die Politik versucht daher manchen Groß-Unternehmer mit großzügigen Subventionen im Inland zu halten und gleichzeitig die Globalisierungsfalle → Arbeitsplatzverlust aufzufangen. Über politische und gesetzliche Steuerung versucht man vergeblich die Fallen aus dem geförderten internationalen System auszugleichen – MiniJobs, Zeitarbeitsunternehmen, Niedriglohnsektor.. . Mit medialer Wirkung wird den eigenen Staatsbürger aber nicht die Realität vor Augen geführt, sondern das sie selbst das Übel sind, da sie zu unflexibel agieren und nicht für 5,- Euro die Stunde bereit sind zu arbeiten. Die Mehrheit der naiven Staatsbürger fallen auf diese Floskeln rein und lassen sich gegeneinander aufbringen, anstatt wirkungsvoll zusammenzuhalten und nach ganz neuen Ideen zu suchen. Da diese politische und unternehmerische Methode nicht reicht, werden Sozialkürzungen in allen Bereichen deutlich, doch auch hier wieder mit dem Argument begehrt, die Gesellschaft ist Schuld.


Auch wenn über viele Jahre die Kosten- und Ertragssituation der inländischen Unternehmen verbessert wurde (Gewinne), werden auf anderer Seite die Kosten der sozialen Sicherung im selben Verhältnis steigen wie der vermeintliche Anspruch auf den deutschen Exportweltmeister [ Arbeitslose, Niedriglohnsektor (Lohndumping), Krankheitsfolgen, Umweltkosten ..].

Made in Germany?
Einige Deutsche hören das nur ungern, könnte aber helfen das Markt-System zu verstehen

Einige wissen, dass das „Made in Germany“ als Kennzeichnungspflicht in August 1887 durch das englische Parlament unter der Regel: Merchandise-Marks-Act eingeführt wurde.1 Das englische Parlament erklärte diesen Vorgang mit dem Schutz – minderwertige Ware von hochwertiger Ware zu erkennen. Die Absicht dahinter war aber eine Art Protektionismus, indem ausländische Anbieter auf dem Inlandsmarkt benachteiligt werden sollten und englische Käufer gezielt abgehalten werden sollten internationale Waren zu kaufen. Ironischerweise wurde das gegenteilige bewirkt und insbesondere deutsche Produkte erfuhren eine Aufwertung – eine Art Gütesiegel, da die Engländer durch diese Kennzeichnungspflicht erkannten, wieviele deutsche Produkte sie schon täglich benutzten. Dieser Wert-Zustand hat dazu geführt, dass sogar nach den ersten beiden Weltkriegen das Gütesiegel „Made in Germany“ als Qualitätszeichen bestehen blieb und unter anderem dadurch Deutschland sich relativ schnell erholen konnte. Und das obwohl die Produkte zum Beispiel der VW Käfer, eine eindeutige Billigproduktion minderer Qualität war (Ur-Produktion aus dem 2.Weltkrieg). Viele ausländische Hersteller versuchen so den neuen Markt zu durchdringen, so ähnlich wie es heute der Dacia Logan versucht [ rumänischer Automobilhersteller (Renault Gruppe) ] und andere Automobilhersteller mit ihren Zweit- oder Drittmarken (z.B. der neue Seat Exeo, ist ein alter Audi A4). Deutschland erzielte die ersten Ausfuhrüberschüsse (1952) nicht aufgrund hoher Qualitätsstandards oder Spitzentechnologie, sondern aufgrund anderer verschiedener Faktoren [ z.B. durch den Ausbruch des Korea-Krieges (1950-1953), Merchandise-Marks-Act, Billigproduktion und Massenware; der sogenannte Marshall-Plan wirkte dabei nur untergeordnet, das sogenannte Wirtschaftswunder gab es nicht, auch wenn man versuchte gewisse Geschichten mit Gedächtnisbildern einzubrennen, denn viele der wirtschaftlichen Produktionsstätten waren gut erhalten .. . ].


Die Menschen eines jeden Landes sollten nach eigenen Recherchen, die Gründe der ersten beiden geschichtlichen Weltkriege erfassen. Es könnte sehr helfen, die Beziehungen der Länder und die Krisenherden bis heute ein wenig besser zu verstehen.

Globalisierung gibt es mit dem Beginn des Fernhandels und hätte durch den anfänglichen finanziellen Überschuss ein Gleichgewicht zu den negativen Folgen schaffen können. Kurz- bis mittelfristig profitierte ein Land in der Masse an Personen durch bessere Lebens- und Lebensmittelbedingungen. Langfristig wurden aber auf allen Ebenen zu viele Abhängigkeiten geschaffen, die zu Jobverlust, Einkommenssenkungen und zu Steuerausfall führen. Die Bürger mussten (haben) sich der Situation anpassen, wurden aber durch Leasing- und Finanzierungsoptionen zur Marktsystemerhaltung überredet. Die wichtigsten staatlichen Grundaufgaben, die Bürger unter anderem mit günstigen Energie-, Versorgungs- und Infrastrukturwegen zu versorgen, wurde mit Privatisierungen verloren. Anstatt das träge und ineffiziente Handeln von staatlichen Ämtern/Dienstleistungen in Optimierungen und Erneuerungen umzuwandeln, wurden elementare Sparten an private Unternehmen vergeben und werden bis heute finanziell unterstützt.2 Damit hat der Staat alle Aufgaben abgegeben und lässt sich nun von privaten Unternehmen sowie durch den Anschluss internationaler Organisationen den Weg bestimmen. Somit scheitern, auch wenn es punktuell und vielleicht Visionäre in der Politik (Deutschland: Politikbüro/Verwaltungsorgan) oder Unternehmen geben sollte, diese an ihren eigens aufgestellten Lasten und Irrwegen.

1 Modell Deutschland von Thomas Hertfelder, Andreas Rödder, 2007, S. 46, ISBN 978-3-525-36023-1
Webseite:
2 https://www.wsws.org/de/articles/2002/08/priv-a29.html
3 S.4 https://www.destatis.de/DE/Publikationen/Thematisch/Aussenhandel/Gesamtentwicklung/AussenhandelWelthandel5510006099004.pdf?__blob=publicationFile
Allgemeine Quellen:
https://www.destatis.de/DE/Publikationen/Thematisch/Aussenhandel/Gesamtentwicklung/AussenhandelWelthandel5510006099004.pdf?__blob=publicationFile
https://www.cesifo-group.de/portal/pls/portal/!PORTAL.wwpob_page.show?_docname=260951.PDF
https://www.destatis.de/DE/Publikationen/Thematisch/Aussenhandel/Gesamtentwicklung/AussenhandelWelthandel5510006099004.pdf?__blob=publicationFile
https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesamtwirtschaftUmwelt/Aussenhandel/Handelspartner/Aktuell.html
https://www.destatis.de/DE/Publikationen/Thematisch/Aussenhandel/Gesamtentwicklung/ZusammenfassendeUebersichtenJendgueltig2070100127004.pdf?__blob=publicationFile
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