Zu Beginn einer kaufmännischen Ausbildung besteht des öfteren die Schwierigkeit die Handelsbilanz (HGB) und die Steuerbilanz (EStG) voneinander zu unterscheiden.
Handelsrecht und Steuerrecht?
Unterschied
Handelsrecht
Die Handelsbilanz wird nach dem Handelsrecht mit den Vorschriften aus dem Handelsgesetzbuch (HGB) erstellt. Das HGB ist dabei das bürgerliche Gesetzbuch für Kaufleute und für Unternehmen. Im Handelsgesetzbuch steht unter anderem, wer verpflichtet ist eine ordentliche Buchführung zu führen oder wie ein Bilanzabschluss [ Jahresabschluss ] nach handelsrechtlichen Vorschriften erstellt werden muss. Die Handelsbilanz ist mehr eine Informationsfunktion für Eigentümer oder anderen Interessentengruppen und gibt über die Vermögenslage, Finanzlage und Ertragslage des Unternehmens Auskunft.
Steuerrecht
Die Steuerbilanz (§60 (2)EStDV) hingegen ist die Grundlage der Besteuerung von Unternehmen [ Einkommen-, Körperschaft-, Gewerbesteuer (also der steuerpflichtige Gewinn) ]. Die unterschiedliche Bilanzierung von Handelsbilanz und Steuerbilanz resultiert daraus, dass der Gesetzgeber über die Einräumung bzw. Aufhebung steuerlicher Vergünstigungen Einfluss auf die wirtschaftliche Entwicklung eines Unternehmens nehmen möchte (Anreize für Investitionen schaffen).
- Steuerfreie Erträge aus der Gewinn- und Verlustrechnung
- Korrekturmöglichkeiten bei der Ermittlung des Gewerbeertrages
- steuerlich nichtabzugsfähige Aufwendungen
- Bewertungsvorbehalte, §5 (6) EStG und Bilanzierungsvorbehalte, §5 (2-5) EStG
Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG)?
Mit dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) im Jahre 2009 versucht man wieder eine Annäherung zu Handelsbilanz und Steuerbilanz zu finden.
Auch wenn die Gesetze es zu verhindern versuchen, bleibt die Problematik dieser zwei Bilanzen bestehen:
- Handelsbilanz (HGB) = Informationsfunktion
Die Handelsbilanz kann sich gezielt reicher darstellen.
[ Informationen über Vermögens-, Ertrags- und Finanzlage des Unternehmen. Informationen für Anteilseigner (Aktionäre), Schutz der Gläubigergruppen (Lieferanten, Darlehensgeber, Kunden, Arbeitnehmer) etc. ] - Steuerbilanz (EStG) = Steuerfunktion
Die Steuerbilanz kann sich gezielt ärmer ausweisen.
[ Gewinnabhängige Steuer mindern (Einkommensteuer, Körpersteuer, Gewerbesteuer ]
Was versteht man unter ´Maßgeblichkeitsprinzip´?
Maßgeblichkeitsprinzip Bedeutung
Laut Gesetz, §5 (1a) EStG: „Die Ergebnisse der in der handelsrechtlichen Rechnungslegung zur Absicherung finanzwirtschaftlicher Risiken gebildeten Bewertungseinheiten sind auch für die steuerliche Gewinnermittlung maßgeblich“.
Als erstes erstellt der Unternehmer die Handelsbilanz, gemäß §266 HGB. Die Gewinn- und Verlustrechnung, der Erfolg eines Unternehmens wird gesondert ausgewiesen, sowie ein Lagebericht für bestimmte Kapitalgesellschaften, §§238 ff. HGB. Die Ableitung aus der Handelsbilanz mit den handelsrechtlichen Wertansätzen (Bilanzierungs- und Bewertungswahlrechten) ist die Grundlage für die Steuerbilanz und wird auch als Maßgeblichkeitsprinzip verstanden.
Was versteht man unter ´umgekehrte Maßgeblichkeitsprinzip´?
umgekehrte Maßgeblichkeitsprinzip Bedeutung
Umgekehrte Maßgeblichkeit galt vor dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG). Das heißt: Steuerliche Sondervorschriften bzw. steuerliche Vergünstigungen sind auch in der Handelsbilanz zulässig, §5 (1) S.2 EStG.
ps.
Dieser Artikel wurde 2011 erstmalig auf unserer anderen Webseite veröffentlicht.